Endlich zurück zur Familie: „Lissy“ wechselt von unserer WG in die 1:1
Unsere Klientin Elisabeth lebt seit 2020 in unserer WG Friesoythe. Das Leben der 45-jährigen Mutter veränderte sich nach ihrem Unfall 2018 massiv. Ihre Zeit in unserer WG und ihr Genesungsprozess war begleitet von Kontaktverboten und Lockdownphasen. Jetzt, im März 2024, geht es endlich wieder bergauf: „Lissy“, wie sie von ihrem Pflegeteam liebevoll genannt wird, kann in die 1:1-Intensivpflege wechseln und endlich nach Hause zu ihrer Familie ziehen.
Trotz ihres lebensverändernden Unfalls fällt schnell auf: Lissy ist ein lebensfroher und leidenschaftlicher Mensch. Im Gespräch mit ihrer Pflegefachkraft Susanne, die Lissy in den vier Jahren begleitet hat, und WG-Leitung Ulrike erzählt Lissy von ihrem Leben, Motivationen und dem Weg nach Hause.
Zwischen Kontaktverbot und Einsamkeit
Lissy ist Mutter von zwei Söhnen im Alter von elf und acht Jahren und beschreibt sich selber als Familienmensch. Im September 2018 stürzte Lissy schwer und ist seitdem querschnittsgelähmt. Nach ihrem Unfall musste sie nicht nur mit ihrer neuen Lebenssituation fertig werden, sondern auch mit der Corona-Pandemie, die kurz danach ausbrach. Die Zeit der Kontaktverbote war für Lissy nicht leicht. „Ich musste erstmal selber damit klarkommen. Das ist nun ein anderes Leben. Und man fühlt sich schnell depressiv. Ich war sehr, sehr unglücklich“. Natürlich war Lissy trotzdem nicht gänzlich alleine. Im Interview spürt man die freundschaftliche Beziehung zwischen Lissy und ihrem WG-Team, dass sie stets begleitet hat, deutlich. Lissy lacht, macht Scherze zusammen mit Ulrike und Susanne. Man merkt: Sie sind zu einer verschworenen Einheit geworden.
Eine junge Pflege ist besonders
Das war natürlich nicht immer so. Zu Beginn musste das WG-Team Lissy erstmal kennenlernen – und Lissy andersrum auch das WG-Team. Dabei haben Susanne und Ulrike schnell gemerkt, dass Lissy ganz andere Bedürfnisse und Wünsche hat, als viele andere Klient*innen in der WG Friesoythe. Die Mutter ist deutlich jünger als die meisten anderen Klient*innen, aber sie ist auch eine ganz besondere Persönlichkeit. Das Auftragen von Make-up oder das Lackieren der Fingernägel sind Wünsche, die viele andere Klient*innen auch haben. Aber pinke oder blaue Haare zu färben, das war mal etwas ganz Neues. Lissy selbst sieht das jedoch nicht so kompliziert. Wie man sich auf eine passende Pflege für sie einstellen müsse, beantwortet sie mit „Einfach locker bleiben“.
Pflegealltag mit Lederkutte
Sobald die Lockdowns überwunden waren, konnte Lissy endlich auch das machen, was sie liebt: Zeit mit Freund*innen und Familie verbringen. Wie essenziell das für sie ist, hat Susanne auch schnell gemerkt: „Lissy hat ganz engen Kontakt zu ihrer Mutter und zu ihrem Bruder. Ihre Kinder sind ihr super wichtig.“ – „Mein Mann auch!“ – „Ja, der Mann natürlich auch.“ Zusätzlich hat Lissy viele besondere Interessen, mit denen sie ihr Pflegeteam auf Trab gehalten hat. Ein echtes Highlight waren die Motorradtreffen in der Region, zu denen sie auch immer eine Fachkraft begleitet hat. „Dahin ging es für Lissy dann immer auch in einer Lederkutte“, erzählt Susanne. Auch Ausflüge mit ihren Kindern und ihrem Mann standen oft auf dem Programm: Besuche beim Tierfest oder im Kino waren Lissys Favoriten. Das Wichtigste aber war, dass die Liebsten mit anwesend sein konnten.
Der Weg zurück zur Familie
„Lissy hat immer ehrlich gekämpft“, erklärt Susanne. In Bezug auf ihre gesundheitliche Entwicklung gab es aber keine großen Meilensteine, meint Lissy. „Es war vielmehr ein schleichender Prozess.“ Das bedeutet, dass jeder Fortschritt ein eigener, kleiner Erfolg war, für den sie hart arbeiten musste und der nicht plötzlich vor ihrer Tür stand. Aber: „Das Kämpfen hat sich gelohnt!“ Denn jetzt steht endlich ihr Wechsel in die 1:1-Versorgung kurz bevor. Die Entscheidung für diesen Schritt fiel Lissy nicht schwer, auch wenn sie einen Teil ihres tollen Pflegeteams verlassen muss. Für sie war der Übergang zur 1:1-Versorgung und der Rückweg nach Hause schon immer das Ziel.
Während Lissy in unserer WG Friesoythe wohnte, wurde ihre gesamte Wohnung in Dinklage erst abgerissen und dann behindertengerecht neu gebaut. Dieser Prozess nahm viel Zeit und Energie in Anspruch. Doch jetzt steht dem Wechsel nichts mehr im Weg. Auf die Zeit in der WG blickt Lissy positiv zurück: „Man nimmt sich hier Zeit mit den Klient*innen. Ich habe nichts, was mir nicht gefallen hat. Nur die Familie fehlt.“
Ein Abschied noch nicht in Sicht
Lissy und ihr WG-Team sind gut zusammengewachsen. Glücklicherweise muss diese Freundschaft auch nicht enden, denn einige Kolleg*innen in der WG werden Lissy auch in die 1:1 begleiten und sie weiterhin pflegen. Für sie haben sie sich dazu entschlossen, also neben der WG noch an einem weiteren Einsatzort zu arbeiten. „Der Wunsch kam von Elisabeth und auch von den Mitarbeiter*innen, die dann gesagt haben: Wir gehen gerne mit“, erklärt Ulrike. Letztendlich ist Lissys Familie also noch ein bisschen größer geworden. Susanne hat noch ein paar abschließende Worte für sie: „Ich freue mich einerseits für Sie, dass Sie nach Hause kommt, aber wir werden Sie auf jeden Fall vermissen.“